Minden (DVM). „Ich kenne die Bilder von Hans-Joerg Deichholz seit vielen Jahren aus Ausstellungen und dem Internet. Ich dachte, es könnte spannend werden, wenn sich der Fotograf und Autor mit den Exponaten aus dem Domschatz Minden befasst und daraus seine Werke fertigt“, sagt Hans-Jürgen Amtage, Vorsitzender des überkonfessionellen Fördervereins Dombau-Verein Minden (DVM), der das Museum mit den sakralen Kunstschätzen aus elf Jahrhunderten am Kleinen Domhof 24 betreibt. In der Ausstellung „Ansichtssachen“ sind Deichholz‘ bearbeitete Fotografien und Aphorismen bis zum 29. Januar in der Domschatzkammer ausgestellt.
Eröffnet wurde die Ausstellung am 25. November mit einer Vernissage mit mehr als 50 geladenen Gästen. Darunter auch Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling und die Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann (CDU), die stellvertretendes Mitglied des Ausschusses Kultur und Medien im NRW-Landtag ist.
Spannende Herausforderung
„Das war eine spannende Herausforderung“, bestätigt Deichholz, der vielen Menschen in der Region als Sozialdezernent des Kreises Minden-Lübbecke bekannt ist und im Eigenverlag bereits mehrere Bücher mit seinen Fotobearbeitungen und Aphorismen herausgebracht hat. Das Wort „Verfremdung“ sei für seine fotografischen Arbeiten nicht die richtige Umschreibung. Es handele sich vielmehr um digitale Bildgestaltungen und die völlige Veränderung von Bildern, die er auf seinem Smartphone bearbeite.
Als „Snapshot Art“ bezeichnet er selber seine Arbeiten. Ein entscheidender Schritt sei aber auch die Rückverwandlung seiner Arbeiten vom digitalen zum analogen Bild. Dabei hat die Wahl des Materials, auf die das Bild gedruckt wird, einen entscheidenden Einfluss auf die Wirkung. Denkbar sind Aluminium, Plexiglas, Fotopapier – und im Falle der sakralen Motive aus dem Domschatz Minden hat Deichholz ein Künstlerpapier gewählt. Sie erhalten dadurch eine textile Oberfläche und „fühlen sich an, wie Kreidezeichnungen“, schwärmt der 61-Jährige.
Dombau-Verein Minden stellt Exponat-Vorlagen zur Verfügung
Die Vorlagen für seine Bearbeitungen hat ihm der Dombau-Verein zur Verfügung gestellt. Die nahezu schwarz-weißen Abbildungen hat Deichholz zum Teil in kräftigen Farben gestaltet oder mit einem zweiten Motiv vereint. Etwa das Armreliquiar des Gorgonius, das er optisch mit einem Baum verschmolzen hat, der zur Hälfte in vollem Laub steht, zur Hälfte kahl ist. „Klimawandel I“ ist der zugehörige Aphorismus aus der Feder von Hans-Joerg Deichholz betitelt, der daran erinnert, dass der Mensch nur Gast auf dieser Erde ist.
„Ich habe mich bewusst nicht über die Exponate informiert“, sagt Deichholz. Die Ideen habe er überwiegend während der Arbeit an den Bildern entwickelt. Aus der Abbildung des 900 Jahre alten Hedwig-Glases fatimidischen Ursprungs sind zwei sehr unterschiedliche Bilder entstanden – das eine hebt die Lichtreflexe auf dem Glas hervor, das andere lässt vor einem Wolkenhimmel die figürliche Darstellung deutlich hervortreten.
Das „Mindener Kreuz“ ist aktuell an das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster in die Ausstellung „Barbarossa“ ausgeliehen. Im Domschatz hängt deswegen ein Foto in Originalgröße und daneben und gegenüber die Bearbeitung des Protestanten Deichholz, die vor den Augen des noch lebenden Christus einen gleißend hellen Lichtwirbel zeigt, während sich der Hinterkopf bereits aufzulösen scheint, wie er den Zustand zwischen Leben und Tod interpretiert.
Darf man das?
Bevor DVM-Vorsitzender Hans-Jürgen Amtage Kontakt zu Hans-Joerg Deichholz aufgenommen hat, stellte sich der Vorstand des Dombau-Vereins Minden die Frage: „Darf man christliche Gegenstände, die in ihrem Ursprung für den Glauben vieler Menschen von größter Bedeutung sind, so verfremden, dass sie möglicherweise eine ganz neue Bedeutung bekommen?“ „Ja, die Kunst darf das“, betont Amtage. Denn hier würden die christlichen Preziosen des Domschatzes in den fotografischen Werken von Deichholz in einen völlig neuen Kontext gestellt. Der Fotokünstler transportiere mit seiner Dichtung die teils mehr als 1000 Jahre alten Kunstwerke in unsere Zeit – öffne den Raum für neue Interpretationen. „So werden die christlichen Schätze zu Ansichtssachen, ohne ihnen die Bedeutung für den Glauben zu nehmen“, so Amtage.
Die Sonderausstellung „Ansichtssachen“ ist bis zum 29. Januar im Domschatz Minden, Kleiner Domhof 24, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12.30 Uhr sowie von 14 bis 16.30 Uhr geöffnet. Zu der Ausstellung erscheint ein Heft mit den Bildern und Aphorismen, das als PDF-Datei hier heruntergeladen werden kann.